On Südpol

Tankstelle Bühne 2025: POPSTAR PAPA

Fr, 21.03.2025
Von Südpol Kommunikation

Im Gespräch mit Hannah Nagel und Anton Kuzema:

 

Wer seid ihr, was ist euer künstlerischer Background?

H: Ich bin in der Nähe von Bonn geboren, 28 Jahre alt und habe in Mainz Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Psychologie studiert. Während des Studiums und danach habe ich verschiedene Regie- und Dramaturgieassistenzen an Theatern gemacht, zuletzt am Luzerner Theater. Dort habe ich auch meine ersten eigenen Regiearbeiten gezeigt. Jetzt arbeite ich als freischaffende Regisseurin. Besonders interessieren mich marginalisierte Themen und Perspektiven.

 

A: Ich bin Anton, geboren in der Ukraine und aufgewachsen in Berlin. Ich bin 29 Jahre alt und habe meinen Master in Philosophie, Politik und Wirtschaft an der Universität Luzern gemacht. Mein Einstieg ins Theater begann im Südpol – ich war Teil des ersten Jahrgangs des Young Ensembles Südpol. Danach folgten theaterpädagogische Arbeiten, Assistenzen und schließlich erste Aufträge in der freien Szene, vor allem als Dramaturg und Autor.

 

Ihr seid hier bei uns im Südpol in Residenz. Wie sah euer Tagesablauf hier aus? Was macht man in einer Residenz, wofür probt ihr (für alle, die sich vielleicht nichts darunter vorstellen können)?

Wir starten immer zwischen 10 und 11 Uhr und sprechen zunächst bei Tee oder Kaffee über verschiedene Dinge – sei es, was vom letzten Probentag noch nachhängt, oder Privates, das raus muss. Danach überlegen wir uns, worauf wir an diesem Tag Lust haben: Manchmal arbeiten wir an Szenen oder Texten, manchmal improvisieren wir und öffnen neue Räume. Am Ende soll ein Kurzstück entstehen, das wir bei der Tankstelle Bühne im Mai 2025 zeigen werden.

Wir haben einen tollen Mentor, Savino, der uns gelegentlich besucht und unterstützt. Da wir beide eher „Kopfmenschen“ sind, verlieren wir uns oft in Konzeptfragen. Das Feedback unseres Mentors oder unserer musikalischen Begleitung, Mo Sommer, ist dabei eine wertvolle Unterstützung. Irgendwann gibt es Mittagessen, und irgendwann ist Feierabend.

 

Die Inhalte eures Stücks beschreiben schwierige, komplexe Themen – es ist nicht einfach, die behandelte Thematik einem breiten Publikum mit der gewünschten Wirkung zu vermitteln. Wie seid ihr im „Storytelling“ vorgegangen? Was wollt ihr beim Publikum erreichen?

Ein Vorteil ist, dass wir familiäre Dynamiken behandeln – ein Thema, zu dem die meisten Menschen einen direkten Bezug haben. Vieles von dem, was uns interessiert, haben wir in unserem Umfeld auf die eine oder andere Weise schon einmal gehört.

Wir konzentrieren uns zunächst darauf, was uns persönlich interessiert, was wir zeigen möchten und was wir als wichtig empfinden – aber auch darauf, was uns Spaß macht.

Unser Stück ist auch eine Art Übung: ein wohlwollender Versuch, einen Umgang mit Menschen aus dem familiären Umfeld zu finden, mit denen es nicht immer einfach ist. Im Idealfall gelingt es uns sogar, eine Methode zu vermitteln, die sich in der Realität anwenden lässt.

 

Wie seid ihr den Prozess der Stückentwicklung angegangen? Welche Inspirationen, Mittel und Erfahrungen haben euch dabei geholfen? Wie würdet ihr eure gemeinsame Arbeitsweise beschreiben?

Es handelt sich um ein autobiografisches Stück, weshalb persönliche Erfahrungen als Ausgangspunkt dienen. Zunächst haben wir grosse Textflächen mit Gedanken und Introspektionen geschrieben, mit denen wir dann gearbeitet haben. Natürlich gibt es auch viele künstlerische Werke, die ähnliche Dynamiken beschreiben – wir haben uns von Hip-Hop-Songs, Literatur und Gesprächen mit Freund*innen über ähnliche Erfahrungen inspirieren lassen.

Unsere Arbeit ist vor allem ein gemeinsamer Prozess: Anton steht auf der Bühne, Hannah übernimmt die Regie. Vieles entsteht durch Gespräche und gemeinsames Texten, bevor wir es auf der Bühne ausprobieren. Letztlich entwickelt sich vieles am Schreibtisch – und wird dann in der Praxis überprüft.

 

Was wünscht oder erhofft ihr euch als Teil der jungen, lokalen Nachwuchsszene – für euch selbst und für andere?

Wir wünschen und erhoffen uns, tolle Menschen kennenzulernen, mit denen wir zusammenarbeiten möchten, sowie Zeit und Räume, um kreativ gestalten zu können. Außerdem wünschen wir uns ausreichende Förderung, um unsere Projekte realisieren zu können.

 

Wo seht ihr Verbesserungspotenzial in der Förderung des lokalen Nachwuchses?

Ein Vorschlag an etablierte Gruppen: Wenn ihr euch eine Assistenz leisten könnt, teilt die klassische Assistenzarbeit untereinander auf und schafft stattdessen eine „Nachwuchs-Stelle“. Die Person kann sich ein Gewerk aussuchen, in dem sie dann mit der jeweiligen Gewerksleitung möglichst auf Augenhöhe zusammenarbeitet und aktiv mitgestaltet.

Es sollte nicht nur um Zuarbeit oder ein bisschen Mitreden gehen, sondern um eine echte künstlerische Förderung. Denkbar wäre auch eine Art Mentoring-Programm innerhalb von Produktionen. In manchen Fällen geschieht das bereits organisch, doch eine gezielte strukturelle Förderung wäre wünschenswert.

 

Alle Gewinner*innen der Tankstelle Bühne 2025 zeigen ihre Produktionen am 2. und 3. Mai im Südpol.