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ILA: Institut für Lesbische Angelegenheiten
Im Gespräch mit Meret Feigenwinter und Leo Lerch vom Kollektiv ILA – Institut für Lesbische Angelegenheiten.
Wie kam es 2023 zur Gründung von ILA – und zu eurer Gruppenkonstellation?
Also, das war im Rahmen des gemeinsamen Abschlussprojekts von Meret und mir (Leo) an der ZHdK – wir haben da alle studiert. Meret und Madleina Dramaturgie, ich (Leo) Regie. Meret und ich arbeiteten gemeinsam an diesem Projekt und haben gemerkt, dass zu diesem Zeitpunkt dann die Struktur eines Vereins angebracht wäre. Danach haben wir uns mit Madleina besprochen und zu dritt den Verein ILA – Institut für Lesbische Angelegenheiten gegründet. Madleina und ich (Meret) kannten uns bereits seit vielen Jahren. Dass wir aber so zu dritt arbeiten, kam dann wirklich erst mit der Gründung unseres Vereins.
Was in der freien Theaterszene hat euch motiviert, den Ansporn gegeben, ein eigenes Kollektiv zu gründen – ihr habt ja jährlich an Open Calls teilgenommen und richtig Gas gegeben – es lief richtig viel in den zwei Jahren seit eurer Gründung.
Gute Frage. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass wir uns für das Förderformat Tankstelle beworben haben, als wir an unserem Abschlussprojekt dran waren. Dann haben wir uns bei PREMIO beworben, weil wir durch die Tankstelle ein Kurzstück hatten, von dem ausgehend wir weiterarbeiten wollten. Ich hab schon auch das Gefühl, dass es hier in der Schweiz durch verschiedene Formate und Open Calls leichter, beziehungsweise mehr in einer geframten Form gearbeitet werden kann.
Wie sind die Strukturen in eurem Verein geregelt – variiert das je nach Projekt oder Thema oder habt ihr die Strukturen festgelegt?
Also dadurch, dass es uns erst seit zwei Jahren gibt und wir in unterschiedlichen Projekten und Arbeitsweisen gearbeitet haben, sind das natürlich auch Fragen an uns selbst. Verantwortlichkeiten werden je nach Projekt unterschiedlich verteilt bzw. haben unterschiedliche Schwerpunkte. Aber gerade jetzt ist es so, dass wir sehr eng zu dritt arbeiten – beim Konzipieren, in der Vereinsarbeit usw.
Du, Leo, hast gesagt, du hast Regie studiert, Meret Dramaturgie – und wie kam es, dass ihr zwei nun auf der Bühne steht und performt, spielt?
Ein Hintergrund von Performance war schon da. Mit der Tankstelle war es dann so, dass wir merkten, dass es total Sinn macht, wenn wir das, was uns interessiert, auch an uns als Performer*innen binden. Für dieses aktuelle Projekt hat sich das auch als naheliegend gezeigt, da wir ja grob vom Kurzstück der Tankstelle ausgehend weiterarbeiten – deswegen haben wir diese Form mit uns als Performer*innen beibehalten. In anderen Arbeiten haben wir aber auch schon mit Spieler*innen gearbeitet, mit uns als Dramaturgie/Regie.
Aber es hat auch mit der Arbeitsweise zu tun, wenn wir uns entscheiden, selbst zu performen. Wenn wir beispielsweise einen Text erarbeiten, der sehr nahe an uns beiden ist – also einen autofiktionalen Zugang wählen – dann macht das Sinn, wenn wir auch performen.
Euer Name «ILA – Institut für Lesbische Angelegenheiten» ist ja sehr konkret – und sagt ja eigentlich auch schon in sich, was er bedeutet – oder gibt es dem noch was anzufügen – wie seid ihr denn darauf gekommen?
Der Titel ist natürlich schon auch ein Augenzwinkern – weil sich beim Titel viele Fragen bilden: «Was ist eine Institution», «Was heisst Lesbisch» und was sind die «Lesbischen Angelegenheiten»? Der Name soll eine Offenheit haben. Er spielt damit, dass er so «sehr konkret daherkommt», aber Lesbische Angelegenheiten können ja eigentlich alle möglichen Angelegenheiten sein.
Ihr beschreibt eure Arbeit als performative Praxis mit queerfeministischer Perspektive – wie zeigt sich das konkret im Probenprozess oder in euren Produktionen – inwiefern ist es so wichtig, dass diese Perspektive mitgedacht wird? Ist es vielleicht so, dass euch das bisher gefehlt hat in der freien Theaterszene?
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich damit diese Frage beantworten kann. Aber als erstes kam mir in den Sinn: Nebst dem, dass wir einfach queerfeministisch sind und also so arbeiten, hat es auch mit einer Ästhetik zu tun, die uns interessiert. Also mit einer Art und Weise, Geschichten zu erzählen, die etwas Collagierendes haben und sich mit Diskursen aus dem Jetzt und der Vergangenheit auseinandersetzen, mit Blicken in die Zukunft, und etwas an einem Ort gebündelt zusammenzutragen und ins Verhältnis zu setzen. Wir wollen keine linear-chronologischen Geschichten erzählen, sondern fluide Erzählweisen. Weniger Erzählungen, die an einem Punkt anfangen und am anderen wieder aufhören. Wir möchten «versammelnder» erzählen.
Und es geht auch um eine Arbeitsweise, wie wir uns dafür interessieren, eine Textgrundlage zu erarbeiten, die eben oft collagiert ist – aus unseren eigenen Texten, Zitaten, fremden Texten – um eine Erzählweise zu schaffen, die nicht linear funktioniert und auch mitdenkt, was einen prägt oder was stärkend funktioniert.
Wir haben beides schon gemacht: mit unseren Texten, aber auch mit bestehenden Textgrundlagen. Je nach Thema zeigt sich dann auch, ob wir auf der Bühne stehen oder mit Spieler*innen arbeiten.
Also findet ihr, ihr habt eine Art und Weise an Arbeit und Projekten gefunden – auch bezogen auf Inhalte und Perspektiven – die ihr so noch nicht gross mitgekriegt habt bisher?
Grundsätzlich ist es so, dass queere, lesbische Erzählungen historisch geprägt sind von Unsichtbarkeit, und dass wir dem schon etwas entgegensetzen wollen.
„Sammlung mancher Zärtlichkeiten“ hat euch gerade den Nachwuchspreis für die Darstellenden Künste von PREMIO eingebracht. Was hat das mit euch gemacht? Habt ihr damit gerechnet?
Also wir hofften natürlich auf die Chance – wir haben uns Mühe gegeben und uns riesig gefreut. Wir freuen uns, dass wir das machen dürfen. Es fühlt sich damit schon auch so an, eine luxuriöse Position haben zu dürfen, so direkt nach Abschluss des Studiums. Wir haben dadurch einfach die Chance, direkt weiterzumachen.
Schon sehr bald zeigt ihr das Stück «Sammlung mancher Zärtlichkeiten» im Südpol. Auf was dürfen wir freuen – könnt ihr einen kleinen Einblick geben?
(Leo zu Meret): «Komm, wir können doch ein kleines «Wir werden…» machen..
Also, unser Stück heisst «Sammlung mancher Zärtlichkeiten» und darin werden wir zum Beispiel: Uns auf der Bühne begegnen, Geschichten erzählen, Blicke zurückwerfen – und Blicke nach vorn. Wir werden viele Lücken lassen und auch ein paar Lücken füllen. Wir werden von einer Stadt erzählen, wir werden von Crushes erzählen, wir werden von Praxen in einer Freund*innenschaft erzählen, wir werden einen Abend in einer Bar verbringen – und Bären werden auch auftauchen.
Wo seht ihr ILA in den nächsten Jahren? Was wäre euer Wunsch?
Also ich glaube, grundsätzlich ist es gut eine Haltung zu haben wie: schauen, wie es weitergeht und was kommt. Aber ich würde mir schon wünschen, dass es ILA als Institut noch eine Weile geben wird – und dass ILA gut altert, wie ein guter Wein.
ILA – Institut für Lesbische Angelegenheiten zeigt Sammlung mancher Zärtlichkeiten am 16., 17. und 19. Oktober im Südpol Luzern.
Tickets und weitere Infos findest du hier: Sammlung mancher Zärtlichkeiten